Seit 2008 ist er bei der Vermietung und beim Verkauf von Immobilien Pflicht. Doch in der Praxis achten Wohnungsinteressenten oft viel zu wenig auf den Energieausweis. FOCUS Online sagt, wie Sie ihn lesen, und welche Strafen drohen, wenn man ihn verheimlicht.
Seit 2008 gibt es den Energieausweis. Wer eine Wohnung oder ein Haus mietet oder kauft, muss das Stück Papier spätestens bei Vertragsschluss ausgehändigt bekommen. Es soll eine grobe Orientierung zum Energieverbrauch bei Bestandsimmobilien liefern, woraus sich wiederum Hinweise auf einen möglichen Modernisierungsbedarf ableiten lassen. „Die meisten Verbraucher können damit gar nichts anfangen“, weiß Gerold Happ, Geschäftsführer beim Eigentümerverband Haus und Grund. „Der Ausweis gilt für das gesamte Gebäude, so dass man keine Rückschlüsse auf den Energieverbrauch einer einzelnen Wohnung ziehen kann. Den bekommt man lediglich über die Nebenkosten“, sagt der Jurist.
Den meisten Bürgern ist der Energiepass daher völlig egal, sie nehmen ihn einfach mit in ihre Unterlagen auf. Dabei ist er Pflicht: Der Energieausweis muss unaufgefordert bei jeder Besichtigung einer Wohnung oder eines Hauses vorgezeigt werden. Am Besten legt ihn der Verkäufer oder Vermieter einfach für die Interessenten sichtbar aus. Außerdem müssen die wichtigsten Angaben zum Energieverbrauch bereits in der Immobilienanzeige genannt werden. Wer sich nicht daran hält, muss mit einem Bußgeld bis zu 15.000 Euro rechnen.
Der Energiebedarf ist oft je nach Bewohner anders
Doch es gibt ein Problem: Die Energiekosten hängen nicht allein vom Ausweis, sondern auch vom Heizverhalten der Bewohner ab. „Die Wohnungsanzeigen suggerieren mit dem Energiewert eine Genauigkeit. In Wahrheit kann der Eigentümer aber keine Garantie abgeben, wie viel Energie jemand wirklich verbraucht“, kritisiert Happ. Der eine mag es lieber warm und heizt die Räume auf 22 Grad hoch, ein anderer ist bereits mit 20 Grad zufrieden. Klar, dass der Verbrauch dieser zwei Bewohner völlig unterschiedlich ausfällt.
Ganz anderer Meinung ist Ulrich Ropertz vom deutschen Mieterbund: „Wir glauben, dass die Angaben in Immobilienanzeigen für Mieter und Käufer vorteilhaft sind. Sinn derartiger Energieausweise ist es, Transparenz auf den Wohnungsmärkten herzustellen.“ Mit den Verbrauchsangaben sei es nun erstmals möglich, den Energiebedarf von Immobilien zu vergleichen und sich damit für das beste Produkt zu entscheiden. Das sei beispielsweise bei Autos eine Selbstverständlichkeit.
Zwei Varianten des Energieausweises
Der Vergleich wird allerdings dadurch erschwert, dass in Deutschland zwei Varianten des Ausweises, der für zehn Jahre gültig ist, parallel existieren:
Der sogenannte Verbrauchsausweis fasst die Energiebilanz zusammen. Seine Werte errechnen sich aus dem Energieverbrauch der Bewohner in den zurückliegenden drei Jahren – und werden schlicht anhand der Heizkostenabrechnung ermittelt. Der Eigentümer darf diese Daten selbst erheben, danach errechnet ein Experte anhand der genannten Werte den Energieverbrauch und stellt den Energieausweises aus. Kosten: rund 50 Euro.
Wesentlich teurer, aber auch valider, ist der Bedarfsausweis, den die Verbandsvertreter von Mietern und Eigentümern favorisieren. Dabei begutachtet ein Fachmann den baulichen Zustand eines Hauses sowie der Heizungsanlage und bestimmt daraus den zu erwartenden Energieverbrauch – also nur aufgrund technischer Daten und unabhängig vom Nutzer. Für Ein- bis Vierfamilienhäuser, die vor dem Jahr 1977 gebaut und noch nicht umfassend energetisch saniert wurden, ist diese Version zwingend vorgeschrieben. „100-prozentig genau ist diese Variante natürlich auch nicht. Der theoretische Bedarfswert liegt bei Altbauten oft über dem tatsächlichen Verbrauchswert und bei Neubauten eher darunter“, berichtet Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Aber er gebe eine grobe Richtung vor, und das sei ja auch die Funktion eines Energieausweises.
Weinreuter weiß, dass viele Verbraucher den Ausweis nicht richtig interpretieren können. Doch es gibt einige einfache Faustregeln.
Das bedeuten die Zahlen im Energieausweis
Ein Energieausweis besteht aus vier Seiten. Die letzte enthält lediglich Vorschläge für Modernisierungsmaßnahmen. Wichtiger sind die Seiten 1 bis 3.
Auf der 1. Seite werden allgemeine Angaben zum Gebäude gemacht
– die Adresse der Immobilie
– das Baujahr des Gebäudes
– das Baujahr der Anlagentechnik sowie
– die Anzahl der Wohnungen.
Bei Energieausweisen, die nach dem 1. Oktober 2009 ausgestellt wurden, finden sich hier auch Aussagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und zum Lüftungskonzept“, sagt Weinreuter.
Im zweiten Kasten auf der 2. Seite ist vermerkt, welches Verfahren zur Berechnung der energetischen Qualität des Wohngebäudes herangezogen wurde. Handelt es sich um einen Bedarfsausweis, ist der Energieverbrauch auf der darauffolgenden Seite aufgeführt, bei einem Verbrauchsausweis stehen diese Daten erst auf Seite 3.
Auf einer Farbskala von Rot bis Grün (Bandtacho) kann der Interessent ablesen, wie hoch der Energiebedarf ist. Als Faustregel gibt der Verbraucherschützer an: „Trau keinem über 100“. Damit läge der Bedarf noch gerade im grünen Bereich.
Allerdings müssen dabei zwei Werte unterschieden werden.
- Zum einen der Primärenergiebedarf, der auch den Aufwand für die Bereitstellung der Energie abbildet. Dieser Wert fällt besonders niedrig aus, wenn Erneuerbare Energien zur Versorgung des Hauses eingesetzt werden.
- Als zweites wird der Endenergiebedarf ausgewiesen. Dieser wird nach technischen Regeln berechnet und zeigt die vom Gebäude jährlich benötigte Energiemenge für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung an. Wer seine künftigen Energiekosten abschätzen will, sollte sich deshalb vor allem am Endenergiebedarf orientieren.
Quelle: Fokus Online